Joseph von Hammer-Purgstall

Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall war ein österreichischer Orientalist, Diplomat, Historiker, Literatur-historiker und Dolmetscher. Als Übersetzer islamischer Literatur hat er einen großen Beitrag geleistet und dem deutschen Leser die Literatur und Poesie islamischer Völker nahegebracht. Besonders seine Übertragungen der Gedichte des persischen Dichters Hafis (gest. 1389) sind bekannt und heutzutage in jeder gut bestückten Buchhandlung zu finden.


Hier zu finden:

Der Diwan - Eine Auswahl der schönsten Gedichte (Klassiker der Weltliteratur)


Das Hammer-Purgstall-Grab mit Kalligraphien


Hammer-Purgstall wurde am 9. Juni 1774 als Sohn des 1791 geadelten österreichischen Gubernialrates Josef (von) Hammer in Graz geboren und verstarb am 23. November 1856 in Wien. Er wurde auf dem Friedhof in Klosterneuburg-Weidling (Friedhof für Adelige) beigesetzt. Das Hammer-Purgstall-Grab besteht aus seinem und dem Grab seiner Ehefrau Caroline, die vor ihm am 15. Mai 1844 verstarb. Das Grabmal, dass sich auf einem christlichen Friedhof befindet, besticht durch kalligraphische Inschriften. Unter den Kalligraphien befinden sich u. a. Gedichte des Dichters Hafis und Lobpreisungen Gottes. Am Kopfende seines Grabes steht auf einem zylindrischen Grabstein ein aus Stein gehauener Turban, wie es im Osmanischen Reich üblich war. Die Gestaltung und Verzierungen osmanischer Gräber waren gekennzeichnet durch Kalligraphien, Blumenmuster, Ornamente und verschiedene Symbole, wie z. B. dem Turban. Solcherart Symbole spiegelten den Status des Verstorbenen wider. Der Turban galt jenen, die eine besonders hohe Stufe der Gelehrsamkeit erreicht hatten.


Lehrer von Friedrich Rückert und eine Inspiration für Goethes Divan


Im Jahre 1818 erhielt Friedrich Rückert eine Einführung ins Studium der arabischen, persischen und türkischen Sprache und Literatur durch Hammer-Purgstall in Wien. Hammer-Purgstall übersetzte u. a. den gesamten Divan des persischen Dichters Hafis (gest. 1389). Diese Übersetzung inspirierte Goethe zum Verfassen seines Westöstlichen Divan. In der Vorrede der Übertragung des Divan schrieb Hammer-Purgstall, dass er "weniger den persischen Dichter in den deutschen Leser übersetzen" wollte, sondern vielmehr "den deutschen Leser in den persischen Dichter". Das wird bestätigt, denn seine Übersetzung bewegt sich hinsichtlich der Bilder, der Rythmen und des Strophenbaus überaus nah am Original:


Der Buchstabe Elif


Reich mir o Schenke das Glas,
Bringe den Gästen es zu,
Leicht' ist die Lieb' im Anfang
Es folgen aber Schwierigkeiten.


Wegen des Moschusgeruchs,
Welchen der Ostwind geraubt
Deinen gekrau'sten Locken,
Wie vieles Blut entfloss dem Herzen!


Folge dem Worte des Wirts
Färbe den Teppich mit Wein.
Reisende sind der Wege,
Sie sind des Laufs der Posten kundig.


Kann ich genießen der Lust
In des Geliebten Gezelt,
Wenn mich zum Aufbruch immer
Der Karawane Glocke rufet!


Finstere Schatten der Nacht!
Wogen und Wirbelgefahr,
Können Euch wohl begreifen,
Die leicht geschürzt am Ufer wohnen?


Durch die befriedigte Lust
Ward ich zum Märchen der Stadt,
Kann ein Geheimniss bleiben
Der Stoff der allgemeinen Sage?


Wünschest du Ruhe Hafis,
Folge dem köstlichen Rat:
Willst du das Liebchen finden,
Verlass die Welt und lass sie gehen.


Die jungen Jahre


Als Hammer-Purgstall 15 Jahre alt war, wurde er Mitglied in der Kaiserlich-Königlichen Akademie für Orientalische Sprachen in Wien, die vor allen Dingen Dolmetscher für den diplomatischen Dienst ausbildete. In dem fünfjährigen Lehrgang lernte er Türkisch, Persisch und Arabisch, aber auch Italienisch, Französisch, Latein und Griechisch. 1790 war er bereits als Dolmetscher beim Besuch einer osmanischen Delegation in Wien tätig.

Nach seinem Abschluss verharrte er an der Akademie, wo seine wissenschaftliche Arbeit begann. Er übersetzte Auszüge der Enzyklopädie des Türkischen Wissenschaftlers Hadschi Chalifa und arbeitete mit dem Historiker Johannes von Müller (1752-1809) und dem Orientalisten Bernhard Freiherr von Jenisch (1734-1807) zusammen.


Reise nach Istanbul


Im Jahre 1799 reiste er zum allerersten Mal nach Istanbul und 1802 wurde er dort Legationssekretär. In dieser Zeit schrieb er Berichte über seine Reisen in Anatolien und Griechenland. Außerdem schrieb er den Roman "Antar" und übersetzte Geschichten aus "Tausendundeine Nacht".


Karriere und Heirat


Im Jahre 1807 erhielt er eine Stelle als Dolmetscher in der Hofkanzlei in Wien und gab von 1809 bis 1818 die Zeitschrift Fundgruben des Orients heraus. 1817 wurde er zum Hofrat ernannt.

Er heiratete Caroline von Henikstein (1797–1844), die Tochter von Joseph von Henikstein, mit der er zwei Töchter hatte.


Geschichte der Osmanischen Dichtkunst bis auf unsere Zeit


Sein Übersetzungswerk "Geschichte der Osmanischen Dichtkunst bis auf unsere Zeit" aus den Jahren 1836 bis 1838 enthält Gedichte von 2200 osmanischen Dichtern und Dichterinnen aus dem Zeitraum von 1300 bis 1838. In diesem Werk bezog er sich auf vierzig Quellen, die er in vier Klassen unterteilte:


1) Biographien der türkischen Dichter,

2) Blütenlesen (Anthologien),

3) Biographien von Gelehrten und

4) Reichsgeschichten.


Rechts ist ein Gedicht aus dem Werk "Geschichte der Osmanischen Dichtkunst" und nachfolgend ein paar biografische Daten zum Dichter Husein Efendi (gest. 1640) zu lesen:


"Husein Efendi von Adrianopel, ein Muteferika der hohen Pforte*. Er hinterließ nicht nur eine Briefsammlung und einen Diwan, sondern auch eine Universalgeschichte von Erschaffung der Welt bis auf seine Zeit, dann drey andere Werke unter dem Titel: der Garten der Dolmetschung, der Knoten der Verstande und die Gärten des Paradieses."


Aus: "Geschichte der Osmanischen Dichtkunst bis auf unsere Zeit"

Mit einer Blüthenlese aus zweytausend, zweyhundert Dichtern von Hammer-Purgstall

Dritter Band (von der Regierung Sultan Murad's III. bis zum Ende der Regierung Sultan Mohammed's IV. 1574-1687)

Pesth, 1837 Conrad Adolph Hartleben's Verlag (Seite 294)


*Muteferika der hohen Pforte: Mitglied der Leibgarde des Sultans


Herausgeber und Übersetzer zahlreicher Werke


  • Des osmanischen Reichs Staatsverfassung und Staatsverwaltung (Wien 1815, 2 Bände)
  • Geschichte der schönen Redekünste Persiens (Wien 1818)
  • Geschichte des osmanischen Reiches (Pest 1827-33, 10 Bände)
  • Wamik und Asra (1833)
  • Gemäldesaal der Lebensbeschreibungen großer moslimischer Herrscher (1837.39, 6 Bände)
  • Divan des Hafis aus dem Persischen (Stuttgart und Tübingen, 1812-13, 2 Bände)
  • Märchen der 1001 Nacht aus dem Arabischen (Stuttgart und Tübingen, 1823-24, 3 Bände)
  • Gedichte des Baki aus dem Türkischen (Wien 1825, siehe: Ghaselen aus dem Divan)
  • Leben des Kardinals Khlesl (Wien 1847-51, 4 Bände)
  • Porträtgalerie des steiermärkischen Adels (Wien 1855)
  • Rosenöl - Erstes und zweytes Fläschchen, oder Sagen und Kunden des Morgenlandes aus arabischen, persischen und türkischen Quellen gesammelt (Stuttgart, Cotta, 1813, 2 Bände)
  • Über die innere Länderverwaltung unter dem Chalifate (1835)
  • Literaturgeschichte der Araber. Von ihrem Beginne bis zum Ende des zwölften Jahrhunderts der Hidschret (1850-1856)
  • Das Kamel (1854)
  • Geschichte der Chane der Krim unter osmanischer Herrschaft (1856)
  • Die Gallerinn auf der Rieggersburg (1849, 3 Bände)


Wissenwertes


Im Istanbuler Museum für Geschichte der Wissenschaft und Technik im Islam ist eine mehrsprachige Gedenktafel für Hammer-Purgstall angebracht.


Adresse des Museums in Istanbul (Türkei):

Gülhane Parkı

Has Ahırlar Binaları

Sirkeci/Fatih

Hammer-Purgstall - Kupferstich von T. Benedetti (um 1857): Klick

Grabstein Schimmel

(c) Y. Özoguz - Das Hammer-Purgstall-Grab

Grabstein Schimmel
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Hammer-Purgstall - Lithographie von Joseph Kriehuber 1843: Klick

Grabstein Schimmel
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